Gesundheit für Mensch, Tier und Umwelt
Die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt sind unmittelbar miteinander verbunden. Krankmachende Erreger sind beispielsweise vom Tier auf den Menschen übertragbar, sie verbreiten sich zunehmend rasant über den gesamten Erdball und entwickeln fortschreitende Resistenzen. Die Forschungsprojekte des Konsortiums widmen sich deshalb vier wichtigen Bereichen:
- Landwirtschaft und Veterinärmedizin
- Mobilität, Klima und Infrastruktur
- Medizinische Forschung und Versorgung
- Öffentlichkeit und Patienten
Warum es sich lohnt, globale Strategien im Umgang mit Infektionskrankheiten zu entwickeln, die das Problem ganzheitlich und aus vielen verschiedenen Perspektiven betrachten, bewiesen InfectControl-Mitglieder in einer eigenen Session auf dem World Health Summit 2020.
Landwirtschaft und Veterinärmedizin
Die Gesundheit des Menschen ist eng verknüpft mit der Gesundheit seiner belebten Umgebung, etwa der von Nutztieren. Gerade Veterinärmedizin und Landwirtschaft sind häufig betroffen von Infektionen, die zwischen Tier und Mensch übertragbar sind wie die aviäre Influenza H5N1 („Vogelgrippe“) oder die pandemische Influenza H1N1 („Schweinegrippe“). Die größte Herausforderung liegt darin, neu auftretende Erreger schnell zu entdecken und ihre Ausbreitung frühzeitig einzudämmen. Besonders schwierig ist das bei Erregern, die durch lebende oder unbelebte Akteure, wie Lebensmittel, übertragen werden können. Bei der Bekämpfung dieser muss nicht nur die Behandlung der Lebewesen, sondern auch die Kontrolle von globalen Warenströmen berücksichtigt werden. Die Verdichtung des Zusammenlebens von Nutztieren sowie globale Warenströme erhöhen die Ausbreitungswahrscheinlichkeit.
Der intensivere Kontakt zwischen Wild-, Nutz-, Haustier und dem Menschen fördern die Ausbreitung neuer Erreger zusätzlich. Zwar wird der übermäßige Einsatz von Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin allmählich reduziert. Resistenzen gegenüber Antibiotika breiten sich trotzdem rasant aus. Dann ist die Identifizierung und Charakterisierung der dafür verantwortlichen genetischen Faktoren entscheidend.
Für die wirksame Bekämpfung von Infektionen im Bereich Landwirtschaft und Veterinärmedizin entwickeln InfectControl-Partner neue diagnostische Verfahren sowie Therapiemöglichkeiten. Dazu gehören nicht nur neue Antiinfektiva, sondern auch Desinfektionsmittel, Biozide oder Phagentherapie zum oberflächlichen Einsatz bei Hauterkrankungen. Neue Diagnostikmethoden müssen dafür sorgen, dass gesunde von kranken Tieren schnell und genau unterschieden werden können.
Mobilität, Klima und Infrastruktur
Die Mobilität hat in den letzten 200 Jahren um etwa den Faktor 1000 zugenommen. Auf den Luftverkehr entfallen dabei die meisten Reisebewegungen. Die Zuwächse dieser Verkehrsströme gerade aus Ländern heraus, die Ursprung für die Ausbrüche von neuen Erregern sind, verschärfen die Infektionsproblematik. Auch die Geschwindigkeit der Ausbreitung nimmt dadurch dramatisch zu. Verschiedene vorsorgliche Maßnahmen existieren zwar, jedoch ist weder bewiesen, ob sie tatsächlich wirken, noch werden sie global einheitlich eingesetzt.
Auch klimatische Veränderungen beeinflussen die Ausbreitung von Infektionen. Erhöhte Temperaturen können die Entwicklung von Insekten beschleunigen, die als Krankheitsüberträger dienen und auch die Vermehrung der Infektionserreger innerhalb des Überträgers ist temperaturabhängig. Der Klimawandel wird neue Bedrohungen zur Folge haben, indem Krankheitserreger weltweit bestimmte Gebiete erreichen, in denen sie bisher unbekannt waren.
Auch infrastrukturelle und architektonische Voraussetzungen wirken sich maßgeblich auf das Risiko für Infektionsausbreitungen aus. Jährlich infizieren sich in Deutschland 400.000 bis 600.000 Patienten während ihres Aufenthalts in Krankenhäusern. Etwa ein Drittel dieser Infektionen wäre durch effektive Präventionsmaßnahmen vermeidbar. Ein zentraler Punkt ist hierbei die Hygiene im Gebäude, die durch das Verhalten der Menschen und insbesondere durch Desinfektionsmaßnahmen bestimmt wird. Ein weiterer Punkt ist der bauliche Zustand des Gebäudes und seine Funktionalität in Form von Prozessabläufen. Entscheidend sind dabei auch die zurückgelegten Wege des Krankenhauspersonals und die verwendeten Materialien des Gebäudes, die sich auf die Besiedlung von unerwünschten Keimen auswirken.
Medizinische Forschung und Versorgung
Regelmäßig beschreiben Wissenschaftler*innen neue Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten, die das Potenzial haben, Infektionen beim Menschen hervorzurufen. Es ist daher besonders wichtig, dass wir neue Hygienemaßnahmen, Impfstrategien sowie Antibiotika entwickeln. Auch die Diagnostik müssen wir im Sinne einer effektiven und zielgerichteten Krankheitsbekämpfung verändern und verbessern. Dies gilt für die Identifizierung der Erreger als auch im zunehmenden Maße für das Erkennen von Resistenzen.
Die Therapie von Infektionskrankheiten ist in den zurückliegenden Jahren immer mehr zu einer Herausforderung geworden. Eine wesentliche Ursache dafür ist die dramatisch steigende Zahl resistenter Krankheitserreger. Dieser steht eine sinkende Zahl neuer antiinfektiv wirkender Stoffe gegenüber. Der Entwicklungsprozess wird beeinträchtigt durch wirtschaftliche Erwägungen der Pharmaunternehmen sowie gestiegene Anforderungen an Studien im Menschen und die geringe Aussagefähigkeit häufig genutzter Modellsysteme. So entsteht eine Lücke zwischen wirksamen Substanzen, die Wissenschaftler*innen in der chemischen und mikrobiologischen Grundlagenforschung identifizieren, und klinisch verfügbaren Medikamenten. Eine zentrale Aufgabe von InfectControl ist daher, die Kluft zwischen Grundlagenforschung und Industrie zu überbrücken.
Öffentlichkeit und Patienten
Patienten können heute den Erfolg medizinischer Maßnahmen durchaus positiv beeinflussen. Sie hinterfragen medizinische Ratschläge und informieren sich über Maßnahmen zur Prävention, Diagnostik und Therapie von Infektionskrankheiten. Die Informationen zu Krankheiten beziehen sie aus Printmedien und Rundfunk, aber auch und immer mehr aus dem Internet. In vielen Fällen sind die Informationen, die Patienten dort erhalten, jedoch nicht objektiv – vor allem, wenn sie durch die Lobbyarbeit verschiedener Interessengruppen gestreut werden. So kann es passieren, dass Patienten an falsche oder teilweise falsche Informationen gelangen, die dann die Arbeit von Ärzten und Gesundheitsbehörden behindern.
In Studien wird des Weiteren beklagt, dass vorhandene Informationsangebote ungeeignet sind und bei vielen Patienten Misstrauen gegenüber der ärztlichen Behandlung herrscht. Dazu trägt mitunter auch die mediale Berichterstattung bei. Sie verschärft den Eindruck, dass an Krankenhausinfektionen vor allem die unzureichende Hygiene im Krankenhaus selbst schuld sei. Auch wird der Einsatz von Antibiotika und Impfungen über- bzw. unterschätzt. Der Informationsstand über das Entstehen und Aufkommen neuer und resistenter Erreger sowie über einfache Präventionsmaßnahmen in der Bevölkerung ist ungenügend.
Der erste Schritt der Aufklärung waren zunächst die Erhebung der konkreten Informationsbedürfnisse der Bevölkerung, da die genauen Kenntnisse der Öffentlichkeit zum Thema Infektionen nicht weiter erforscht sind. Im Anschluss daran haben die Beteiligten von InfectControl entsprechende Aufklärungskampagnen entwickelt, die genau auf die festgehaltenen Defizite abzielen.